Tanja Kinkel, Interview

Quelle: Homepage der Autorin

1. Autorin!? Schon immer ein Traumberuf oder stand als Kind etwas ganz anderes auf der Wunschliste? Wie kam es bei Ihnen zum Schreiben?

Im Kindergarten wollte ich mal Seiltänzerin werden, aber von der Grundschulzeit aufwärts Schriftstellerin. In meiner Schulzeit schrieb ich Kurzgeschichten und versuchte als Teenager hin und wieder, auch Romane zu verfassen. Die gingen dann regelmäßig aus Mangel an Ausdauer nach ein, zwei Schulheften ein. Meinen ersten vollendeten Roman verfaßte ich nach meinem Umzug nach München, und fand sogar einen Verlag für ihn.

2. Was war die Initialzündung zu Ihrem neuen Roman?

Die Lektüre von Steffen Martus‘ Grimm-Biographie vor ein paar Jahren; die Persönlichkeiten von Jacob und Wilhelm Grimm erinnerten mich darin stark an Sherlock Holmes und Dr. Watson.

3. Wann und wo schreiben Sie am liebsten? Wie muss die Stimmung sein? Haben Sie einen genauen und geregelten Plan, oder schreiben Sie wie es gerade passt?

Die Stimmung ist irrelevant, wenn ich erst einmal in der Schreibphase stecke. Wichtig ist, daß ich meine Ruhe habe und nicht gestört werde. Das ist natürlich vor allem in meiner Wohnung der Fall, doch ich kann auch an anderen Orten schreiben, und habe das auch getan, wenn sie mir genügend Freiraum und Ruhe bieten. Was den Plan betrifft: ehe ich überhaupt soweit bin, mich an das Manuskript zu machen, muß der Roman im Groben in meinem Kopf bereits stehen, und das ist etwas, was sich während der Recherchephase in mir entwickelt.

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4. Die Recherche ist für einen Roman sehr wichtig, was können Sie uns dazu verraten? Wie viele Notizbücher schreiben Sie voll, bis daraus ein Roman wird?

Bei mir dauert die Recherchephase etwa eineinhalb Jahre. Was nicht heißt, daß ich in dieser Zeit nur recherchiere. Es kann sein, daß ich einen Monat lang intensiv arbeite, und im nächsten überhaupt nichts tue, sondern das Erfahrene auf mich einwirken lasse. In jedem Fall ist es für mich wichtig, nicht nur viel über die Hauptfiguren – soweit sie denn historisch sind – herauszufinden, sondern auch über die Nebenfiguren, über die Zeit, über Nahrungs- und Kleidungsgewohnheiten, über, soweit vorhanden, Musik und Literatur der Epoche. Kurz, alles, was mir dabei hilft, mich in den Alltag meiner Figuren hineinzuversetzen. Davon endet gewöhnlich nur ein Bruchteil tatsächlich in dem Roman, aber für mich stellt es eine wichtige Grundlage da, um mich geistig und emotional in einer Epoche bewegen zu können. Am Ende jeder Recherche steht dann, soweit möglich, eine Reise zu den wichtigsten Handlungsorten.

5. Wie viele Fach- und Schachbücher haben Sie für diesen Roman gelesen, um den Background der Geschichte abzudecken?

Die wichtigsten Quellen habe ich in der Bibliographie angegeben, aber sie sind nur etwa ein Viertel der Bücher, die ich für „Grimms Morde“ las. Also, grob geschätzt würde ich sagen: etwa fünfzig Bücher.

6. Haben die Schauplätze in Ihren Romanen immer reale Vorbilder und wenn ja, haben Sie diese auch besucht? Gab es etwas Lustiges auf einer Recherchereise, dass Sie uns verraten würden?

Quelle: Homepage der Autorin

Von meinen zwei Fantasy-Romanen einmal abgesehen, sind die Handlungsorte in der Regel vorhanden. Meine abenteuerlichste Recherchereise war zweifellos die für „Manduchai“ durch die Mongolei. Außerhalb von Ulan Bator habe ich nur in Jurten übernachtet. Ehe ich jedoch die Hauptstadt verließ, konnte ich die einzige Frau am Obersten Gerichtshof interviewen, Tserenbaltavyn Sarantuya, die mir sagte: „Ein guter Mongole, Frau Kinkel, heißt es bei uns, liebt seine Eltern, sein Pferd und seine Frau, in dieser Reihenfolge. Und über die Hälfte unserer Liebeslieder sind an Pferde gerichtet. Vergessen Sie das nie.“

7. Haben Sie eine persönliche Lieblingsfigur in diesem Roman?

Mit den Hauptfiguren ist wie bei Kindern, man hängt an allen. Die Nebenfigur, die ich am meisten ins Herz schloß, war Lotte Grimm.

8. Entwickeln sich die Figuren immer so wie man es geplant hat? Oder haben die Figuren manchmal ein Eigenleben?

Die Hauptfiguren entwickeln sich für mich während ca. eineinhalb Jahre der Recherchephase, d.h. ich nähere mich ihnen an und forme mir ein Bild von ihnen, soweit sie historisch sind, oder entwickele sie über eine Grundidee zu einem Charakter, wenn sie erfunden sind. Die Nebenfiguren hingegen sind in diesem Stadium nur auf ihre Funktion und ihren Namen beschränkt, und sie sind es, die sich dann während des Schreibens noch entwickeln und mich überraschen können. Aber nicht in dem Sinn, daß ich ihnen auf einmal ein ganz anderes Schicksal zuweise.

9. Lesen Sie Buchkritiken oder Rezensionen? Wenn ja, wie gehen Sie damit um?

Ich glaube, der Autor oder die Autorin, die behaupten, Kritik gegenüber immun zu sein oder sie erst gar nicht zu lesen, schwindelt ein wenig. Natürlich lese ich Kritiken, freue mich über gute, und ärgere mich über schlechte. Ob gut oder schlecht, sie kommen natürlich lange, nachdem ich das Manuskript abgeschlossen habe, also kann ich nicht sagen, daß sie mich als Autorin beeinflussen, nur als Privatperson, der durch sie der Tag verschönt oder im Extremfall verdorben wird.

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