Nicole Steyer / Linda Winterberg / Anke Petersen – Interview

Eliza: Liebe Nicole, vielen lieben Dank, dass Du Dich meinen Fragen stellst. Bevor wir auf deine Tätigkeit als Schriftstellerin und Autorin kommen, magst Du uns ein klein wenig Privates über Dich verraten? Wie sieht für Dich ein ganz normaler Tagesablauf aus?

Nicole: Ein normaler Tagesablauf beginnt bei mir zwischen 7.00 Uhr – 7.30 Uhr. Dann gibt es erst einmal Frühstück, das besteht meist aus Haferbrei oder und natürlich Kaffee, dazu gucke ich Nachrichten, damit ich weiß, was auf der Welt los ist. Danach mache ich oftmals noch Gymnastik, besonders meine Rückenübungen sind als Schreibtischtäter wichtig. So gegen 8.30 Uhr sitze ich am Schreibtisch und beginne mit der Textarbeit. Um die Mittagszeit mache ich meistens Pause und fahre Einkaufen. Gegen zwei Uhr kommen meine beiden Töchter von der Schule heim und es gibt ein gemeinsames Mittagessen. Danach schreibe ich meist noch bis gegen 18.00 Uhr weiter. Dann ist Feierabend und jetzt im Winter mache ich dann gern die Kerzen in meinen unzähligen Laternen an und es wird gemütlich.

Eliza: Was ist Dein Lieblingsrückzugsort im Alltag? Gibt es ein Ritual, welches Du gerne pflegst?

Nicole: Ich gehe unglaublich gern in den Wald. Dort kann ich zur Ruhe kommen, den einen oder anderen Plot durchdenken und den Alltag hinter mir lassen.

Eliza: Hat Deine Familie Dich schon früh in Deinem Wunsch Autorin zu werden unterstützt, oder welchen Traumberuf hattest Du als Kind?

Nicole: Ich wollte schon im Alter von acht Jahren Schriftstellerin werden. Und ich war damals schon Autorin und Verlegerin in einer Person. Ich hab die Geschichte von Friedolin dem Frosch geschrieben, der sein Zuhause verliert und sich ein neues suchen muss. Auf dem Weg zum neuen Teich erlebt er natürlich so einige Abenteuer. Ich habe eigene kleine Büchlein gebastelt, sie illustriert und für 50 Pfennig verkauft. Erstauflage 10 Stück. Später dann hat sich der Berufswunsch verloren und ich habe eine kaufmännische Ausbildung gemacht. Erst nach der Geburt meiner beiden Töchter habe ich wieder zu Schreiben begonnen, erst Kindergeschichten, irgendwann wagte ich mich an meinen ersten historischen Roman. Die Hexe von Nassau. Mein Mann Matthias hat mich von Beginn an unterstützt. Das war großartig. Ansonsten gab es doch auch viele Zweifler. Gibt ja schon so viele Bücher, warum schreibst du auch noch eines. Solche Sachen wurden mir gesagt. Aber ich hab mich davon nicht unterkriegen lassen. Der Kindheitstraum war wieder da und er ließ sich dieses Mal nicht mehr vertreiben.

Eliza: Mit deiner Hebammen-Saga begibst Du Dich auf komplett neues Terrain, wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Idee?

Nicole: Ehrlich gesagt, bin ich ein großer Fan der Serie Call the Midwife. Das allein hat natürlich nicht dazu geführt, eine Hebammensaga zu schreiben. Ich bin Fan von vielen Serien. Da müsste es viele Bücher geben. Anfangs dachte ich auch noch gar nicht daran, selbst was im medizinischen Bereich zu schreiben. Ich habe mit meiner Lektorin einmal am Telefon über die Serie gesprochen und sie outete sich ebenfalls als Fan. Sie meinte, so etwas wäre in Deutschland auch schön. Aber wo und wie, war nicht klar. Also blieb es eine erste vage Idee.

Eliza: Und warum ausgerechnet Berlin-Neukölln?

Nicole: Durch Neukölln wurde die vage Idee zu der Geschichte. Ich hatte ein anderes Thema recherchiert, das jetzt auch in der Hebammensaga Teil 3 Platz gefunden hat. Bei meiner Recherche bin ich auf die Hebammenklinik und deren Geschichte in Neukölln gestoßen und ich war sofort Feuer und Flamme dafür. Im Geschichtsspeicher von Neukölln konnte ich dann Infos dazu online bestellen und so ist das erste Recherchematerial zu der Thematik bei mir eingezogen und sofort hatte ich das Setting vor Augen. Wenn so etwas passiert, weiß ich, das ist es. Das wird gut. Ich habe meine Lektorin angerufen und ihr von der Idee erzählt. Sie war sofort Feuer und Flamme dafür.

Eliza: Magst Du uns ein wenig über die Recherche verraten, Du musstest Dich ja in viele medizinische Dinge einarbeiten. Ist Dir dies leicht gefallen?

Buch Prof. Hammerschlag Quelle: Nicole Steyer

Nicole: Nicht immer. Aber da ich selbst ja auch Mutter von 2 Kindern bin, ist einem das Thema Geburt ja nicht vollkommen fremd. Die historischen Hintergründe, natürlich auch die medizinische Historie mussten gründlich recherchiert werden. Ich habe hier das Hebammenlehrbuch im Original von Professor Hammerschlag (ich bin auch eine seiner Schülerinnen) auf dem Tisch liegen und schlage dort stets nach, wenn ich medizinische Infos benötige. Es ist gut so, dass es das alte Werk ist, denn es passt ja auch im historischen Kontext. Das ist wichtig. Manche medizinische Ausführungen lassen mich schon zusammenzucken. Und bei manchen Begriffen und Wörtern tut mir ehrlich gesagt alles weh. Niedlich sind alte Säuglingspflegehefte. Die hab ich hier im Original, eines aus dem Jahr 1917, auch eines aus den 20iger Jahren. Da wurden doch viele Dinge anders gehandhabt. Allein das Ankleiden eines Babys 1917 war eine Wissenschaft für sich. Da waren wir noch weit weg von Pampers und Co.

 

Eliza: War von Anfang an klar, dass es drei Freundinnen sein sollten, die nicht unterschiedlicher sein könnten?

Nicole: Das war von Beginn an klar. Sie standen quasi so vor mir, wie sie im Buch auch sind. Ich musste nur noch ihre Geschichte erzählen. Es ist schwer zu erklären. Ich sehe ihnen zu und begleite sie auf ihrem Lebensweg. Für mich sind sie real. Ich musste sie natürlich erst kennenlernen. Aber Margot, Luise und Edith haben es mir leicht gemacht.

Eliza: Auf was achtest Du besonders bei der Ausarbeitung deiner Figuren?

Nicole: Darauf, dass man schnell einen persönlichen Bezug zu ihnen bekommt und man sie mit all ihren Facetten kennenlernt. Sie brauchen Ecken und Kanten, müssen Fehler machen, man muss mit ihnen lachen, weinen, glücklich und traurig sein können. Man darf sie als Leser auch gern mal schütteln, sich über sie wundern, oder denken, dass das jetzt doch total doof ist. Sie müssen wie echte Menschen sein. So wie wir eben auch sind. Niemand ist perfekt, eine Romanfigur ist es auch nicht.

Eliza: Was ist dir besonders schwer gefallen bei diesem Roman? Gab es eine Szene die Du nicht gerne geschrieben hast?

Nicole: Es ist immer hart, wenn man ihnen etwas Böses antut, wenn jemand stirbt, den man gernhat. Mir fiel es natürlich besonders schwer, Kinder bei der Geburt sterben zu lassen. Das ist ganz scheußlich. Die Frage der Mutter, weshalb es nicht schreit. Das zerreißt mir das Herz. Auch im dritten Teil gab es viele schlimme Szenen, die nicht leicht zu verarbeiten waren. Auch Fritz‘ Schicksal ging mir sehr nah. Ihm hätte ich es anders gewünscht.

Eliza: Und was hat Dir besonders viel Spaß gemacht? Gab es vielleicht etwas was sich spontan ergeben hat und im Vorfeld nicht geplant war?

Nicole: Das Nachtleben Berlins hat mir sehr viel Spaß gemacht. Und ich wünschte, ich könnt einmal im Leben in die Scala gehen und die legendären Scala-Mädels auf der Bühne sehen. Es passieren immer Dinge, die im Vorfeld nicht geplant waren. Gerade bei den Hebammen schreibe ich an keinem eng geplanten Plot. Die Geschichte passiert während ich sie erzähle. Das macht es auch für mich spannend.

Eliza: Hattest Du von Anfang an drei Bücher geplant, oder wird jetzt aufgrund des Erfolgs umgeplant?

Sachbücher zum pol. und gesellschaftlichen Hintergrund Foto Nicole Steyer

Nicole: Es waren von Anfang an drei Bücher geplant gewesen. Aber ihr dürft euch nun über einen weiteren Teil der Mädels freuen, der natürlich wieder anders sein wird, als die anderen. Die Zeitsprünge sind jeweils recht groß, meist vergehen gut 10 Jahre. Das ermöglicht aber immer ein anderes und neues Setting, dass jeden Titel einzigartig in die jeweilige Historie einbettet und die jeweiligen Sorgen und Nöte der Zeit gut transportiert. Für mich ist die Hebammensaga ein gutes Abbild auch von Frauenrechten und der Entwicklung von Frauen in den unterschiedlichen Zeiten. Der Fortschritt in der Weimarer Republik, (z. B. Sexualberatungsstellen) später dann wieder der Rückschritt in der Zeit des Nationalsozialismus. Solche Themen finde ich spannend.

Eliza: Wie sehen deine nächsten Projekte aus? Dürfen wir uns auch noch über neue Literatur von Anke Petersen, Linda Winterberg bzw. Nicole Steyer freuen?

Nicole: Auf neue Literatur von Anke Petersen dürft ihr euch freuen. Gerade ist ja der 3. Teil der Amrumsaga erschienen. Die Ausflüge auf die Nordseeinseln machen mir aktuell sehr viel Freude und ich arbeite bereits an einer neuen Geschichte. Auch Linda grübelt bereits wieder über neuen Projekten. Nicole Steyer ist erst einmal eingeschlafen. Linda und Anke haben im Moment zu viel zu tun. Und dann gibt es auch noch bald eine Überraschung. Darüber darf ich aber eigentlich noch nicht sprechen.

Eliza: Was möchtest Du uns Lesern mit auf dem Weg geben? Bzw. was wolltest Du uns schon immer mal sagen?

Nicole: Danke. All den Lesern und Leserinnen dort draußen, die meine Geschichten lesen und meine Bücher kaufen, die sie liebgewonnen haben. All denen, die auf Facebook oder Instagram Kommentare hinterlassen, die eine Rezension schreiben, auch auf ihrem Blog, oder ihrer Nachbarin mein Buch leihen, weil sie es mögen und es gern weiterempfehlen. Die eines meiner Bücher anderen zu Weihnachten schenken. Aber auch den stillen Lesern, die sich einfach nur an der Geschichte erfreuen, das Buch auf dem Nachttisch liegen, es einfach gern gelesen haben. Ohne meine Leser wäre ich nichts und dürfte nicht mehr den ganzen Tag tun, was ich so sehr liebe. Geschichten erzählen.

Eliza: Vielen herzlichen Dank für dieses grandiose Interview ❤